Geheimsprache und Glaubensbekenntnisse auf unseren Prozessionsfahnen und auf unserem „Himmel“ bei der Fronleichnams- und Küppelprozession

Nicht entgehen lassen sollten Sie sich in unserer Kirche die Zeit zwischen Fronleichnam und der Küppelprozession!
In diesen 14 Tagen oder 3 Wochen stehen in unserer Kirche unsere Prozessionsfahnen und der „Himmel“, bei den Prozessionen getragen vom Kirchenvorstand, unter dem „Himmel“ geht unser Pastor mit dem „Allerheiligsten“ in der Monstranz.
Fronleichnam wird am Donnerstag nach dem Dreifaltigkeitsfest gefeiert, das ist der 1. Sonntag nach Pfingsten, oder 10 Tage nach Pfingsten. Die Küppelprozession ist die für Freienohl typische Prozession, sie findet traditionsgemäß statt an dem Sonntag, der dem Fest Mariä Heimsuchung am 2. Juli am nächsten ist (die mit Jesus schwangere Maria besucht ihre Verwandte Elisabeth, die schwanger ist mit Johannes dem Täufer).
Auf den Fahnen und dem „Himmel“ sehen Sie in Zeichensprache, heute kann man sagen: in Logos, die Geheimsprache und Glaubensbekenntnisse der Christen.
 
Die werden jetzt entziffert. Wir beginnen mit den Fahnen:
 
Die Fahne mit dem P und dem X. Die meisten Leute sagen: Das ist ein P und ein X und das A ist ausgelassen und dann heißt das PAX und das ist Lateinisch und heißt auf Deutsch: Friede und meint so viel wie: Der Friede sei mit dir. Das klingt fromm und klingt nicht falsch. Aber eigentlich bedeutet das Zeichen zwei griechische Buchstaben. Griechisch war im 2. und 3. Jahrhundert n. Chr., als sich das Christentum immer weiter ausbreitete, so eine Art Weltsprache. Und dann geht das so: Das X wird gelesen CHI; das P ist nicht das deutsche P, sondern das griechische RHO, vergleichbar mit dem deutschen R. Und dann ist alles ganz einfach: CHI + RHO, im Sprechen: chr; das sind die Anfangs-Laute von CHR-ISTUS, von Christus. Das ist auch fromm und richtig.
 
Die Fahne  mit dem J, dem H und dem S, manchmal ineinander verschoben. Die meisten Leute sagen: J ist die Abkürzung für Jesus; H ist die Abkürzung für Heiland; S ist die Abkürzung für Seligmacher. Also: Jesus ist Heiland und Seligmacher. Das ist ein gutes Glaubensbekenntnis an Jesus Christus. Das klingt fromm und klingt nicht falsch. Aber eigentlich sind das – wieder – griechische Buchstaben: J ist das griechische JOTA, das deutsche J; H ist das griechische ETA, wie das deutsche lang gesprochene E. Das S ist das griechische SIGMA, gesprochen wie das deutsche stimmhafte S. Und dann sind das die drei ersten Buchstaben von JESUS: JES. Das ist auch fromm und richtig. Die Krone soll zeigen: Jesus Christus ist der König, der Herr, und sonst keiner!
 
Die Fahne mit dem ineinander oder auch aneinander geschobenen AMR, oder auch MAR; meistens wird das M größer dargestellt als die beiden anderen Buchstaben. Eine unserer roten Prozessionsfahnen (sie werden immer ganz am Schluss getragen) hat diese Buchstaben. Der „Erfinder“ (wahrscheinlich eine frühere
 
Paramenten-Frauengruppe unserer Pfarrei, Paramente sind die  aus sehr kostbaren textilen Materialien meisterhaft und mit viel Geduld und Liebe – das Wort ist hier nicht fehl am Platz! – angefertigten „Stoffteile“ für die Gottesdienste) fand für das Schrift-BILD diese Anordnung der Buchstaben am schönsten: A M R. Bringen Sie die Buchstaben in eine andere Reihenfolge: M A R, und alles ist ganz einfach: es zeigen sich die Anfangsbuchstaben von MARIA, der Mutter Jesu. Und die Krone soll zeigen – und bekennen: Maria ist die Königin des Himmels.
 
Die Fahne mit dem LAMM. (Im Kapitel 6 steht dazu auch schon etwas.) Das Lamm ist ein Zeichen für den gekreuzigten Jesus. Die ersten Christen haben sich viele Jahrzehnte aus wohlüberlegter Ehrfurcht noch nicht getraut, Jesus am Kreuz darzustellen. Darum gibt es anfangs des Christentums so viele Lamm-Bilder. Hinzu kommt: Im Johannes-Evangelium sagt Johannes der Täufer den Leuten am Jordan: „Seht das Lamm Gottes!“ (Joh 1,29 und 36) Johannes der Täufer meint damit Jesus. Für Sprachen-Fans gibt es noch eine ganz raffinierte Deutung! Johannes der Täufer sprach Aramäisch. Das war die Sprache der meisten damaligen Israeliten, auch die Jesus sprach Aramäisch. Die gehobene, eigentliche Sprache war dann Hebräisch. Und das aramäische Wort für LAMM ist dasselbe wie für KNECHT. Johannes der Täufer kann über Jesus auch gemeint, verkündet haben: „Seht der Knecht Gottes!“ Denn im Alten Testament, in dem sich die Israeliten bestens auskannten (sie nannten es DAS GESETZ oder DIE SCHRIFT), spricht der berühmte Prophet Jesaia vom  KNECHT GOTTES, der sich opfert für die eigentlichen Schuldigen. Man weiß also nicht genau, was meint nun Johannes
der Täufer? Wer aber etwas nachdenkt: das Glaubensbekenntnis ist letztlich dasselbe: Die Christen meinen mit dem Knecht Gottes oder mit dem Lamm Gottes immer Jesus! Jesus, der sich wie ein Lamm geopfert hat. Das Lamm war im Alten Volk Gottes Israel, das anfangs ein Nomaden-Volk war und von der Tierzucht lebte, auch das Opfertier im Gottesdienst, später nur im Tempel von Jerusalem. Darauf weist der Kelch hin, der das Opferblut auffängt. Und die Siegesfahne ist das Zeichen dafür, dass mit Jesus mit diesem Lamm-Opfer-Brauch Schluss ist – wegen seiner Auferstehung. Seit der Zerstörung des Tempels von Jerusalem im Jahr 70 n.Chr. durch die Römer gibt es diesen Opferbrauch bei den Juden nicht mehr, - wohl aber den Glauben an den auferstandenen Jesus!
 
Die Fahne mit dem PELIKAN. Er ist ein Wasservogel wärmerer Länder. Der Pelikan reißt nach einer alten Fabel, das ist eine Lehr-Erzählung mit Tieren, die freilich für Menschen gilt, seine Brust auf, um mit dem eigenen Blut seine eigenen Jungtiere zu nähren. Diese Art, Liebe zu leben, deuteten Christen dann auf den Kreuzestod Jesu, der mit seinem Tod am Kreuz seiner Lebensauffassung und seiner Lebensbotschaft treu geblieben ist, der sich so für die Menschen geopfert hat. So wird der Pelikan häufig in der christlichen Kunst dargestellt, wenn es sich um die Hl. Kommunion, um die Hl. Eucharistie handelt. Dass der Pelikan einen Heiligenschein hat, ist für
Eingeweihte geradezu eine Selbstverständlichkeit. Für heutige Christen freilich ein
ungewöhnliches, ungewohntes Glaubensbekenntnis: Ich lasse mich von Jesus Christus ernähren. Ich lebe von Jesus Christus.
Auch Sie?
 
Die Fahne mit BROT, HOSTIEN, WEIN, WEINTRAUBEN, KELCH  weist hin auf die bekannten Zeichen für die Hl. Eucharistie, vor allem bei der Hl. Kommunion in der Hl. Messe
 
Die Fahne mit dem ANKER. Der Anker ist ein Zeichen für den Glauben an Jesus Christus: wenn ich mich an diesem Anker festgemacht habe, dann kann mir letztlich nichts passieren. Erfahrene Segler und Seebären haben immer einen Anker an Bord. Auch Sie? – Mit einem ganz deutlichen Querbalken wird der Anker auch als geheimes KREUZZEICHEN  benutzt, genutzt.
 
Die Fahne mit dem FISCH. Der Fisch war ganz früher, als die Christen noch Griechisch verstanden, im 2. und 3. Jahrhundert n.Chr., ihr Geheimzeichen für Jesus Christus und für ihr Glaubensbekenntnis: Ich bin Christ. Im Gespräch mit zunächst Unbekannten zeichneten sie mit ihrer Fußspitze einen Fisch auf den Boden, so zu sagen so ganz nebenbei, und wenn der andere das verstand und genau so reagierte, dann war klar: Wir beide gehören zusammen. Durch ihn kann mir nichts passieren! – Gehören Sie auch einem christlichen Verein an und signalisieren Sie mit Ihrem Abzeichnen auch? Wir gehören zusammen!  Kennen Sie das Kolping-Abzeichen, die Pfadfinderlilie, das ChiRho des ND, das Silberkreuz des BDKJ?
Noch einmal zum Fisch. Das griechische Wort für FISCH  ist ICHTHYS.
  Der Fisch meint also nicht nur Jesus Christus. Der Fisch bezog sich auch auf die Christen selbst. Jeder Christ sollte und wollte ein „zweiter Christus“ sein! Äußerst anspruchsvoll. Zumal damals in den Jahren der Christenverfolgung. Heutzutage werden in Deutschland die Christen nicht mehr so verfolgt wie früher im Kollosseum in Rom oder im Amphitheater in Xanten, sondern auf den Bühnen der fast täglichen Comedy-Shows im Fernsehen; dabei bleiben die Christen heutzutage am Leben, damit man noch recht lange was von ihnen hat... Auch von Ihnen?
Jedenfalls: die Zeichensprache der Christen war Geheimsprache und Glaubenssprache zugleich. Auch bei Ihnen?
 
Die Fahne mit den ZWEI  TAUBEN  mit ihrem Blick auf das CHRISTUSZEICHEN. Zwei Tauben waren im Alten Volk Gottes Israel die Opfertiere der ärmeren Leute beim Tempel-Gottesdienst in Jerusalem. Oben ist schon gesagt: Seit der Zerstörung des Tempels von Jerusalem im Jahre 70 n.Chr. durch die Römer gibt es diesen Brauch der Tieropfer nicht mehr. Aber die Frage, die zeichenhaft für Christen dahinter steht, bleibt bestehen: Was opfern Sie heute Jesus Christus? Was tun Sie heute für Jesus Christus?  Wenn Sie etwas im Sinn von Jesus von Nazareth tun, können Sie Jesus Christus begegnen. Wenn Sie nichts tun, - er tut trotzdem etwas für Sie, einiges, z.B. dass Sie leben.
 
Die Fahne mit den beiden griechischen Buchstaben  ALPHA  und  OMEGA : A ,  W.  Im griechischen ALPHAbet ist Alpha der erste (BETA ist der zweite) und Omega der letzte Buchstabe. Das ist noch nichts Besonderes. Das für uns jetzt Interessante kommt jetzt: im letzten Buch der Bibel, in der Offenbarung des Johannes – ein zugleich großartiges und geheimnisvolles Buch – (22,13) sagt Jesus: „Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende!“ Weil wir auf unserer Prozessionsfahne dieses Christus-Zeichen vor uns her tragen, bekennen wir uns damit zu Jesus Christus! Und er ist für uns der Erste und der Letzte. Eine Frage ist freilich: Was ist zwischendurch, mittendrin für Sie das Wichtigste? Für das Mittendrin sagt Jesus kurz und bündig: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Einfach so. Als Aussage.
 
Unser „Himmel“:
Unser Baldachin, unter dem der Priester das Allerheiligste in der Monstranz während der Fronleichnams- und Küppel-Prozession durch unser Dorf und die beiden traditionsreichen Waldwege (Bergmecke-Kreuzweg mit Neckers Kreuz, Unterer Küppelweg mit der Küppelkapelle) trägt, sieht schon ziemlich alt aus. Doch ist er noch nicht so alt, dass sein Stoff aus einer Seide ist, die aus dem fernen Baldac = Bagdad (im heutigen Irak) stammt, wie das ganz, ganz früher üblich war. Und so einen kostbaren mit Goldfäden durchwirkten Seidenstoff konnte sich unsere Gemeinde auch früher nicht leisten (die Gründe kann man nachlesen in den beiden Freienohler Chroniken). Freilich für etwas ganz, ganz Kostbares ist unser Baldachin schon da, für den „Himmel auf Erden“. So lautet ja auch der bekanntere, gebräuchlichere Name: Himmel.
Seine wichtigste Funktion ist natürlich, auf die Würde und Heiligkeit des Ortes und des Gegenstandes hinzuweisen: Hier ist Jesus Christus in der Gestalt der Eucharistie! Vor unserer Fronleichnams-Prozession 2001 predigte unser Pfarrer Michael Hammerschmidt: „Wir zeigen uns mit Gott. Gott zeigt sich mit uns!“ Darum steht auch bei unserem großen „Himmel“ über den verschiedenen und von den Prozessionsfahnen her bekannten Christus-Zeichen in der altehrwürdigen Kirchensprache Latein der bekannte Vers aus dem großartigen Lobpreis der Eucharistie „Pange,  lingua, gloriosi  - Das Geheimnis sei gepriesen“ des Hl. Thomas
von Aquin, nämlich: „Tantum ergo sacramentum, veneremur cernui  -  Lasst uns also tief verehren ein so großes Sakrament!“ – Und auf unserem kleineren und leichter zu tragenden „Himmel“ stehen diese Gebets-Anfänge, die Sie dann weiter beten können: „Ecce Agnus Dei – Sieh das Lamm Gottes“;  „Lauda Sion Salvatorem – Lobe, Jerusalem, deinen Retter!“ („Gotteslob“ Nr. 545, die deutsche Übersetzung dieses wieder von Thomas von Aquin stammenden Fronleichnam-Liedes) „Ecce panis angelorum – Sieh das Brot der Engel!“ („Gotteslob“ Nr. 865 und 545, 5. Strophe) Und schließlich: „O sancta Trinitas – O Heilige Dreieinigkeit!“ Dazu die schon bekannte Zeichensprache: die Anordnung im Dreieck als Zeichen für die Heilige Dreieinigkeit Gottes; oben das Auge als Zeichen für die Allwissenheit Gottes, des Vaters; die Zeichen links und rechts darunter: Fisch und Taube sind in diesem Text schon an anderer Stelle gedeutet.
Die zweitwichtigste Funktion hängt mit der Herkunft des Himmels aus dem Orient zusammen: Schutz vor der Sonne. Der ist bei uns in Freienohl bei der Küppel-Prozession sinnvoll, wenn die Sonne scheint, intensiv so um 11.30 Uhr, bei dem vorletzten Wegestück von der Bahnhofstraße über die Ruhrbrücke und dann den Breiten Weg hinaus bis Schweiers Kreuz. Da hat der Pastor es gut mit dem „Himmel“ über sich...
Die Ministranten, die auch schon ziemlich „geschafft“ sind, weil sie oft etwas schneller sein wollen als die Gemeinde hinter ihnen, und weil sie dann immer wieder einen Mini-Stopp einlegen müssen, sie achten aber doch darauf, ob und wie die langsam an der Prozession vorbei fahrenden Autos das „Zentrum“ unserer Prozession registrieren: achtlos, nichtssagend, mit einem grüßenden Kreuzzeichen, oder ob sie sogar für einige Sekunden stoppen, auch als ein Zeichen ihrer Ehrfurcht.
Was würden Sie machen?
Und wenn Sie die Prozession mitgehen? Was fühlen Sie? Was denken Sie? Verwandeln Sie ihre Gefühle, Ihre Gedanken ins Beten? Singen Sie die Lieder mit? Wegen der Melodien, die Sie vielleicht noch aus Ihrer Kinderzeit her kennen? Singen Sie einfach nur so mit und lassen sich von der Musik tragen, weiter treiben? Achten Sie auch darauf, was Sie singen? Welche Worte? Welche Sätze? Sind das auch Ihre Glaubens-Sätze? Oder haben Sie den Mut, den einen oder anderen Vers nicht mit zu singen? Weil sie sich sagen: Das kann ich nicht bekennen, nicht beten! Wenigstens zur Zeit nicht.
Aber Sie gehen mit. Und Sie kennen dieses und jenes Fenster, hinter dem Ihnen bekannte Leute auch Sie erkennen. Keine Sorge. Verraten wird Sie keiner. Nicht heutzutage.
Sind Sie informiert über den jungen Priester Otto Günnewich, Vikar in Niedersalwey? Er wurde am 10. August 1942 in den Gaskammern im Konzentrationsleger Dachau ermordet. Dort waren in der Nazi-Zeit viele Priester gefangen und hingerichtet worden. Er wegen Fronleichnam. Die Nazis hatten auch im tiefen Sauerland, im abseits gelegenen Niedersalwey verboten, bei der Fronleichnams-Prozession öffentliche Wege, Straßen zu benutzen. Nur ein kleines Stückchen musste Pfarrvikar Günnewich mit seiner Gemeinde auf dem äußerst verkürzten, beschränkten Weg rund um die Pfarrkirche das kircheneigene Grundstück verlassen ... verraten ... KZ ...
hingerichtet. Die Inschrift auf der Gedenktafel lautet: Otto Günnewich  -  geboren am 4.4.1902 in Lügde. Zum Priester geweiht am 5.4.1930 in Paderborn. Pfarrvikar von Gommern 1930-1934. Pfarrvikar in  Salwey von 1934-1941. Im KZ Dachau von 1941-1942. Durch Gas getötet am 10. August 1942 +
Wegen Fronleichnam. Fahren Sie mal hin. Niedersalwey ist nicht weit.
Was tun Sie wegen Fronleichnam? Zu Beginn des 21. Jahrhunderts.
In den sechziger und siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts, - 30, 40 Jahre nach der Ermordung Günnewichs -, wurde die Fronleichnams-Prozession wieder ins Zwielicht. Auch von „gut katholischen Kreisen“. Ehrfurcht und Dankbarkeit gerieten unter die Räder: Händefalten beim Kommunion-Empfang war bei vielen nicht mehr „sinnvoll“. Man argumentierte nicht für  farbenprächtige Umzüge; so war Blumenschmuck für Gott, den Schöpfer, verpönt... und auch aus Naturschutzgründen (aber selbstverständlich waren die Tulpen-Touren nach Holland und anderswo „in“ und auch teure Orchideen bei sich zu Hause). Vielmehr habe Jesus Christus die Eucharistie nur als Mahl zum Gedenken an ihn gegründet, ein Gedenken wie am 1. Mai, wo man sich zurück erinnert an die früher viel schwerere Arbeit, oder eine Erinnerung an den eigenen Geburtstag. – Dabei hatte die Kirche im 13. Jahrhundert mit dem Beginn des Fronleichnams-Festes mit dem ganz handfesten Tragen der Eucharistie und dem ganz besonderen Stil der Prozession durch die Straßen der Welt den Zweiflern an der wirklichen Gegenwart des Herrn Jesus Christus eindeutig ihre Überzeugung vorgestellt. Wenn wir in der eucharistischen Prozession unterwegs sind, zeigen wir etwas, was in der Feier der Hl. Messe im Kern zwar enthalten ist, aber so nicht ausdrücklich dargestellt und erfahren wird, was der Apostel Paulus sagt: „Pilger sind wir!“  Wir sind das Pilgernde Gottesvolk, mit unserem „Himmel“ in der Gegenwart Jesu Christi ziehen wir dem ewigen Himmel entgegen.
Zwar ist mancherorts, wohl in großen Städten, das Neue Volk Gottes ähnlich dem Alten Volk Gottes schon auf der Wanderung durch die Wüste. Doch wie das Alte Volk Gottes in der Kraft des Mannas seinen Weg in sein „gelobtes Land“ geschafft hat, so wird das Neue Volk Gottes mit der Eucharistie „in der Hand“, mit dem Weg, der Jesus Christus ist, seine Sendung schaffen. Vor der Liturgie-Reform lautete in der lateinisch gefeierten Hl. Messe das Schlusswort des Priesters: „Ite, missa est   -  Geht, die Sendung gilt!“
Der schon öfters zitierte Thomas von Aquin meint in seinem Fest-Hymnus: „Lauda Sion“ mit dem Vers  darin „Quantum potes, tantum aude!  -  Was du kannst, das sollst du wagen!“  -  auch uns!
Tipps:
„Gott ist einer, der führt.“ (Martin Buber, jüdischer Bibelwissenschaftler und AT-Übersetzer, 20. Jh.)
„Beten: sich von den Engeln die Flügel ausborgen.“ (Bischof Martin Gutl, 20. Jh.)
„Beten: Aufbruch ins Grenzenlose.“ (Martin Buber)
„Geht hinaus“, hat Jesus Christus gesagt, und nicht: „Wartet, ob einer kommt!“ (Jesuit Alfred Delp, von den Nazis im KZ umgebracht.)
„Der Weg des Herrn führt nicht in die Wolken, aber er führt über uns selbst hinaus zu den anderen.“ (Bischof Franz Kamphaus)
Fronleichnam mit unserem „Himmel“: ein hinreißendes Abenteuer. Lassen Sie sich darauf ein!

Heinrich Pasternak, ergänzt 2024