Thomas von Aquin und die Traurigkeit - Trauercafé in Freienohl

Ein erstes Lob: auf Thomas von Aquin
Bekannt ist: Mit dem Handy in der Hand kommt man durch das Alltags-Land. Hier gilt: Mit diesem Büchlein durch die Zeit gelingt nicht nur die Traurigkeit!
Der Stumme Ochse von Köln, Dominikaner, Theologie+Philosophie-Professor  der Universität Köln gilt als der wichtigste Lehrer nicht nur seiner Geschichte; 1224 – 1274.Hier seine Antworten (aus seiner Summa Theol I, II 37 und 38) auf die Fragen eines seiner jetzigen Freunde: Hans Conrad Zander:
„Womit fügt der Mensch seinem Körper den größten Schaden zu?“                                                                                 Thomas: „Von allen Leidenschaften der Seele schadet keine dem Körper so wie die Traurigkeit.“                                                                  
„Bei dir gibt es keine Psychoanalyse und keine Psychotherapie. Weißt du trotzdem ein Heilmittel gegen die Traurigkeit der Seele – modern gesagt: gegen Depressionen?“   -   Thomas: „Tränen und Seufzer. Die sind der natürliche Weg, die Traurigkeit zu mildern.“                                                                  
Mitten in deinem Bestseller, mitten in der Summa Theol, empfiehlst du deprimierten Menschen, ein Bad zu nehmen. Kennst du etwa noch ein besseres Heilmittel gegen die Traurigkeit der Seele?    -  Thomas: „Beim heiligen Augustinus steht zu lesen: Ich schlief ein, und als ich wieder aufwachte, fand ich meinen Schmerz gar sehr gemindert. Das heißt, dass das Wohlbefinden des Körpers allein für sich als Lust erlebt wird und also das Wohlgefühl des Körpers die Traurigkeit lindert.“                                                                             
Bitte noch ein uraltes Heilmittel für die leidende Seele?  -  Thomas: „Auf natürliche Weise ist der Freund, der an der Trauer teilnimmt, ein Trost. So trägt sich die Last der Trauer leichter, gerade so, wie das auch beim Tragen körperlicher Lasten der Fall ist. Wichtiger noch: Durch das Mitleid, dass die Freunde mit dem Trauernden haben, erfährt der Trauernde, dass die Freunde den Trauernden lieben. Da also jede Lust, wie ich schon sagte, die Trauer mildert, so mildert auch das Mitleid des Freundes die Trauer.“                                                                                         
Noch ein theologischer Rat für die geplagte Seele?   -  Thomas: „ Wie der müde Körper sich im Ausruhen entspannt, genauso notwendig braucht die müde Seele Entspannung. In der Vergnügung entspannt sich die Seele!“                                                                            
Also: schlafen, baden, spielen – empfiehlst du auch ein geistiges Heilmittel für die Seele?   -  Thomas: „Die größte Lust des Menschen ist die Schau der Wahrheit. Jede Lust  mindert also den Schmerz. Deshalb lindert die Schau der Wahrheit Traurigkeit und Schmerz.“ -                                                                                        Abgeschrieben aus dem Büchlein „Dummheit ist Sünde“ von Hans Conrad Zander; Patmos-Verlag, € 9,99; 1. Auflage 2009.                                                                                        Hierher passt dieses Erlebnis:  Das Flüstern einer älteren Dame vor unserer Traurigen Muttergottes in unserer St. Nikolaus-Kirche hat sie freundlich lächelnd erklärt: „Als mein Mann im Sterben lag, habe ich ihn in meinen Arm genommen und zugeflüstert: Halt mir einen Platz im Himmel frei! – Ja doch, Schatz! hat er gehaucht. Unsere Muttergottes wird ihrem Sohn das auch ans Herz gelegt haben!“ –              
Ein zweites Lob:  auf das Trauer-Café im St. Nikolaus-Pfarrheim Freienohl
Trauer-Cafè, TrauerCfe, TC… Was ist das eigentlich?  Nur ein paar Informationen… Neu denken… neu leben… Mit Thomas von Aquin ein Weitblick der Freien im Ohl. Immer am dritten Samstag-Nachmittag kommen die 15 – 20 „alleinstehenden“ Damen und Herren im Pfarrheim der St. Nikolaus-Gemeinde Freienohl zusammen zum TC: „Trauer … trauern … Traurigkeit … trauen … Trau-mich-keit … Gibt es nicht! … ich trau mir zu … ich trauere mit dir … wir trauern um sie … Die ist jetzt im Himmel! – Aber ich bin nicht richtig katholisch: Mit dem Himmel komme ich nicht klar. Das sind so komische Bilder… Du und dein Mann, ihr hattet euch doch vor Jahren getraut, habt immer aufeinander vertraut. Für mich gehört Trauer, sich trauen, Trauung und Hoffnung zusammen.“ Eine ältere Dame flüstert fast: „Dann bin ich wieder mit meinem Mann zusammen.“ – Nächstes Mal wird ein Bild herumgereicht, ein Gemälde aus der Kirche in Urschalling im Chiemgau: die Dreieinigkeit-Dreifaltigkeit Gottes: rechts Gott Vater, links Gott Sohn, ineinander verbunden vom  Hl. Geist, Gott in weiblicher Gestalt! Ein ganz altes und neues Bild vom Himmel, von Gott! – Das nächste TC wird wieder spannend. -
Eine andere Dame: Ich kann da gar nicht mitreden. – Macht gar nichts. Sie bringt doch wieder für uns alle ihren selbstgebackenen Kuchen mit, ein so persönlich leckerer! – Einige duzen sich, andere siezen sich: Du kannst so zuhören, nur zuhören… Ich finde das so toll! – Genau. Wer zuhören kann, verzichtet auf Selbstgefälligkeit. Die Selbstgefälligkeit ist doch auch das Gegenteil von Hoffnung. – Fast nebenbei sagt eine sehr alte Dame: Trauer ist wie die Einheit von Glaube – Hoffnung – Liebe. – Geradezu spontan nicken alle.
Deutlich mag auch noch sein: unser TC ist etwas Anderes als die erfahrungsreiche Leistung eines Bestattungsunternehmens mit seinem Angebot von 3, 5 Terminen Trauerbegleitung, inhaltlich gestaltet, gefüllt mit den Methoden der seit 20, 30 Jahren immer neuen Fachliteratur. Eine solche Trauerarbeit haben unsere Gäste hinter sich.  Einmal, zweimal im Jahr sind wir on Tour in einer schön gelegenen Gastwirtschaft in unserer Umgebung. Die Taler haben wir unter uns gesammelt im Klingelbeutel nach einem TC. - Das Kuchen-Backen geht reihum, manche Rezepte sind schon uralt und ur-lecker. Unser TC ist also kein AK, kein Arbeitskreis. Die meisten Gäste kommen immer wieder zum Miteinanderreden, aufeinander Zuhören.  Freilich ohne die zeitüblichen Kommunikationsmethoden: Impuls-Referat, Zeit der Stille, Anhörkreis, Wert-Imagination. Wir leben über Jahre in unserer St. Nikolaus-Kirchengemeinde. Initiiert hatte unser TC unser Pfarrer Michael Hammerschmidt im Jahr 2002. Leitend über die Jahre betreut hatte unser TC: Heinrich Pasternak bis Februar 2021 wegen des Beginns der Corona-Pandemie, immer sehr, sehr hilfreich unterstützt, begleitet von einigen Freienohlerinnen. Eine von ihnen bildete sich aus, gewiss auch dank ihrer Familie, zur staatlich qualifizierten Bestattungsmeisterin, bei uns in Freienohl und rund herum immer willkommen. – Die Pfarrheim-Schlüssel hatte Heinrich Pasternak auftragsgemäß vom Pastor Hammerschmidt abgegeben im Dekanatsbüro in Meschede. Er kann auch aus Altersgründen das TC nicht mehr leiten, betreuen.
Heinrich Pasternak, Dipl. Theol., Dipl. Psychol., Juni 2023