Der Bau der evangelischen Kreuzkapelle,1957

Im Jahre 1814 wurden in Freienohl nur zwei evangelische Christen gezählt. Um die Jahrhundertwende betrug ihre Zahl 40 Seelen. Durch den Zuwachs an Vertriebenen und Flüchtlingen zählte sie 1956 bereits schon 450 Seelen. So ist es verständlich, dass bei dieser Entwicklung der Wunsch nach einem eigenen Gotteshaus immer größer wurde.

Es war etwa um 1930, als sich nach der Gründung von Pensionen und Ferienheimen ein wahrer Strom von Sommergästen in die kleine Freiheit an der Ruhr ergoss. Gelegentlich verbrachte auch ein evangelischer Pfarrer seine Ferien in Freienohl. Nur diesem Umstand verdankten es die damals etwa 15 bis 20 Köpfe zählenden evangelischen Familien, dass sie hin und wieder einen Gottesdienst in Freienohl feiern konnten. Ort der kirchlichen Handlung war die Küche des alten Schützenhauses, in der die Gläubigen während der Predigt einen Platz auf den Anrichtetischen oder auf den Fensterbänken fanden.

Eine Verbesserung dieses Zustande gab es erst, als die auf 30 Seelen angewachsene Gemeinde im alten Schulhause ihren Gottesdienst verrichten durfte. Zwar gab es schon seit 1893 in Oeventrop eine evangelische Kirche, zu der man an den Festtagen ging, aber einen regelmäßigen Gottesdienst gab es auch dort nicht. Durch die Kirchengemeinde Arnsberg betreut, fanden die Gottesdienste nur von Fall zu Fall statt.

Besonders in den letzten Kriegsjahren war der Weg zur Kirche in Oeventrop mit vielen Gefahren verbunden. Am Karfreitag 1945 hatte Pfarrer Philipps um 6 Uhr einen Gottesdienst mit Abendmahlsfeier angesetzt. Früh machten sich die Freienohler auf den Weg. Kaum aber waren sie bis zur Scherse gekommen, als Tiefflieger sie mit ihren Maschinengewehren beschossen. Mehrere Male mussten sie vor den immer wieder angreifenden Fliegern den schützenden Straßengraben aufsuchen. Kaum war man an der Kirche angekommen, musste Pfarrer Philipps seine Gemeinde wegen eines neuerlichen Angriffs der Tiefflieger in den nahen Wald dirigieren. Zur Feier des Abendmahles kam es aber dann doch noch.

Erst als Pastor Graf aus dem Kriege zurückkehrte, kam es in Freienohl zu einem regelmäßigen Gottesdienst. Auf Anregung von Pastor Philipps wurde der Saal des Gasthofes Humpert für die kirchlichen Feiern benutzt. Sprunghaft stiegen in dieser Zeit die Zahlen der Gläubigen infolge des Flüchtlings- und Vertriebenenzustromes an. Durch Entgegenkommen des Geistlichen Rats Gerwin wurde den evangelischen Christen gestattet, ihren Gottesdienst in der katholischen Kirche Freienohls zu begehen. Leider dauerte dieses schöne Verhältnis zwischen den beiden Konfessionen nur eine kurze Zeit.

Dank des unermüdlichen Bemühens von Pfarrer Graf aus Oeventrop gelang es mit Unterstützung der Amtsverwaltung am damaligen Ortsausgang Freienohls, unmittelbar am Ufer der Ruhr (Plastenberg), ein Grundstück zu erwerben. Am Sonntag, dem 29. Juli 1956 fand die Grundsteinlegung zum neuen Gotteshaus statt. Am 22. Dezember 1957 (4. Adventssonntag) nahm Oberkirchenrat Dr. Rahe vor dem Altar, über den ein von Bildhauer Viegener (Belecke) geschaffenes Kreuz mit dem lebensgroßen Korpus des Gekreuzigten aufragt, die Weihe der Kapelle vor. Superintendent Pastor Philipps nahm den ersten Gottesdienst in der Kirche vor, und Pastor Graf hielt von der durch die Freienohler Handwerker Weber und Zacharias geschnitzten und mit Bildern der Heiligengeschichte geschmückten Kanzel die Festpredigt.

Vor dem Weiheakt in der Kirche hatte sich die Gemeinde auf dem Platz vor der Kirche eingefunden. Der Baumeister der Kapelle, Baurat a. D. Kuschel, Hagen, überreichte nach Dankesworten an alle, die mit zum Bau der Kirche beigetragen hatten, die Schlüssel an Oberkirchenrat Dr. Rahe als den Vertreter der westfälischen Landeskirche, der ihn durch Superintendent Philipps an den Pfarrer der Gemeinde, Pastor Graf, weiterreichen ließ. Unter den Klängen des von Bläsern der evangelischen Kirchengemeinde Arnsberg gespielten Adventschorals "Macht hoch die Tür ...", öffnete sich das Portal der Kapelle, und die Gemeinde zog in das Gotteshaus ein.

Die kleine Gemeinde brachte im Baujahr die bedeutende Summe von 15.000 DM auf.

Daten im Überblick:

Grundsteinlegung: 29. Juli 1956
Einweihung: 22. Dezember 1957
Architekt: Baurat a. D. Kuschel, Hagen
Bildhauer des Altarkreuzes: Viegener, Belecke
Kanzel erstellt durch: Freienohler Handwerker Weber und Zacharias


Literaturnachweis: Diverse Zeitungsartikel aus dem Jahr 1957; Artikel "Evangelische Gemeinde Freienohl", Stadt Meschede
Bildnachweis: © Karl-Heinz Kordel, Freienohl, 12/2004