Die Freienohler Huflattich-Commission seit 1880


Huflattich  "…so ist er doch immer ein Unkraut,
welches dem Wuchse des Getreides vielen Schaden tut"

Sicher seit 1880 wählten Amtmann, Gemeindevorsteher und die fünf bis sieben Gemeindeverordneten im März, April für jeweils drei Jahre die drei Mitglieder der Huflattich-Commission. Über Sinn und Zweck dieser offiziellen Arbeitsgemeinschaft schweigen sich die Gemeindeprotokolle über manche Termine hin  aus.
In einem Protokoll ist ein kleiner Zusatz zu lesen: „…zur Besichtigung des Huflattichs.“
Aber das kann`s doch nicht sein. Archivarin Frau Ursula Jung aus dem Stadtarchiv im Freienohler Amtshaus gab folgenden Hinweis: „Es gibt für die damalige Zeit die Oeconomische Encyclopaedie von J.G. Kruenitz von 1775 – 1858.“ (www.kruenitz1.uni-trier.de). Dieses alte Lexikon mag eine Informationsquelle und Motivation für unsere Gemeindeverordneten  gewesen sein; vielleicht auch eher für die Cultur-Abteilung der Königlichen Regierung in Arnsberg. Zu lesen ist beim „einblümigen, gelben, gemeinen Huflattich“:

„…so ist er doch immer ein Unkraut, welches dem Wuchse des Getreides vielen Schaden tut, und daher durchaus nicht auf den Äckern geduldet werden kann. Von seinen Wurzeln erzeugt jedes Stück, wenn sie gleich durch den Pflug zerrissen werden, eine neue Pflanze. Aus diesen, und aus dem Samen, welcher zeitig reif wird, und leicht ausfällt, wächst es so schnell, dass es nicht ohne viele Mühe und Zeit ausgerottet werden kann. Die wirksamsten Mittel, es auszurotten, sind deswegen diese, dass man dem Ackerfelde, auf dem es sich gelagert hat, die überflüssige Feuchtigkeit durch Gräben und Abzüge benimmt, die Wurzeln jedes Mal, so oft die Erde umgerührt wird, sorgfältig ablösen lässet, und wenn ja noch etwas hier übersehen ist, das Unkraut selbst, ehe es sich säen kann, ausrauft. Allenfalls darf man auch nur das Land einige Jahre mit Klee nutzen… Der Huflattich gibt ein recht gutes Frühlingsgemüse, wenn er wie Spinat zugerichtet wird… Das Vieh frisst den Huflattich noch ziemlich gern und er hat unstreitig bey demselben eben die heilsame Wirkung wie bey Menschen. Insonderheit dient er den Schafen zur Verhütung der Fäule…“

Die Besichtigung allein mag ja sehr schön gewesen sein. Alt-Eingesessene erinnern sich an das strahlen gelbe Leuchten im Ruhrtal. Doch was gilt: Schaden oder Nutzen? Einige Protokolle weiter kommt endlich die Lösung: „…zur Beseitigung.“ Ein erfahrener Landwirt half: „Mit einem Spaten, auch mit einem Pflug und Ochsengespann von damals war da nur sehr schwer etwas zu machen. Aber der Huflattich musste weg. Fürs Weiterleben.“

 

Heinrich Pasternak

Fundstellen: Amtsarchiv Nr. 407,411,412,413,414
Fotonachweis: © himi / PIXELIO